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Alle Mitgliedseinrichtungen im Netzwerk von arbeit plus – Soziale Unternehmen Tirol unterstützen Frauen beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Einige davon richten sich explizit an Frauen. Anlässlich des Internationalen Frauentages, der alljährlich am 8. März zu Solidarität und Gleichstellung aufruft, möchten wir diese Projekte vor den Vorhang holen.
Strukturelle Hindernisse, die (Langzeit-)Erwerbsarbeitslose an der Aufnahme einer Beschäftigung hindern, treffen Frauen oft ganz besonders: so etwa mangelnde öffentliche Verkehrsanbindung, ein unzureichendes Angebot an Kinderbetreuungsplätzen oder die Tatsache, dass Care-Arbeit nach wie vor zum Großteil alleinig auf den Schultern der Frauen lastet. Sie leisten einen Großteil der unbezahlten Sorgearbeit - und können somit häufig keiner bezahlten (Vollzeit-)Erwerbsarbeit nachgehen.
… führen nicht nur zu einer ungleichen Verteilung von Sorgearbeit. Sie haben auch zur Folge, dass Frauen überdurchschnittlich oft in schlecht bezahlten Berufen und unterdurchschnittlich häufig in Führungspositionen zu finden sind. Die Konsequenzen dieser Benachteiligung sind weitreichend: Weniger Einkommen, geringere sozialstaatliche Absicherung und ein höheres Risiko von Altersarmut.
Gender Pay Gap, Gender Pension Gap, Gender Time Gap, … - alles Lücken, wenn nicht sogar tiefe „Klüfte“, mit denen sich Frauen konfrontiert sehen und die ihre mangelnde Gleichstellung am Arbeitsmarkt widerspiegeln.
Der geschlechtsspezifische Lohnunterschied, besser bekannt als Gender Pay Gap, liegt in Tirol bei rund 20% (Statista, 2023). Damit liegt Tirol im Bundesländerranking an dritter Stelle, höher ist der Gap nur in Vorarlberg und Oberösterreich. Das heißt, Frauen verdienen im Schnitt in Tirol bei gleicher Arbeit um ein Fünftel weniger als Männer. Lt. Berechnungen der Arbeiterkammer OÖ, die zum Vergleich ganzjährig vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer:innen basierend auf der Lohnsteuerstatistik 2023 (AK OÖ, 2025) heranzieht, liegt Tirol aktuell bei 18,6%.
Der Gender Pension Gap beschreibt die Differenz in den durchschnittlichen Pensionseinkommen von Männern und Frauen. In der Europäischen Union beträgt dieser Unterschied durchschnittlich 29 %, was deutlich höher ist als der Gender Pay Gap von 13 %. Dieser Unterschied resultiert aus Faktoren wie unterbrochenen Erwerbsbiografien und Teilzeitarbeit, die häufiger bei Frauen vorkommen (Eiopa, 2024) und führt den vorangegangenen Gender Pay Gap fort. In Tirol liegt er lt. ÖGB (ÖGB, 2024) sogar bei 43,8%.
Der Gender Time Gap bezieht sich auf die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern. Frauen übernehmen oft einen größeren Anteil an unbezahlter Care-Arbeit, was ihre Möglichkeiten für bezahlte Beschäftigung einschränkt (vgl. Statistik Austria, 2023).
Die Unternehmen im Netzwerk von arbeit plus Tirol haben es sich zum Ziel gesetzt, diese Ungleichbehandlung von Frauen am Arbeitsmarkt aufzubrechen. Als Dachverband setzt sich arbeit plus Tirol gezielt für strukturelle Änderungen ein. Dazu zählen ausreichende Kinderbetreuungsplätze, Mobilitätsangebote, eine gesellschaftlichen Neubewertung von Care-Arbeit, Bewusstseinsbildung für mehr Gleichstellung sowie der Ausbau bereits bestehender Maßnahmen, denen sich auch das Arbeitsmarktservice verschrieben hat (z.B. Lohntransparenz, Antidiskriminierungsrichtlinie, vgl. AMS Tirol 2024).
Damit Gleichstellung nachhaltig am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft verankert wird, braucht es eine gerechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, von Erwerbseinkommen und Transferleistungen – und eine geschlechtergerechte Neubewertung von Arbeit“, so Melanie Spangler, Geschäftsführerin von arbeit plus – Soziale Unternehmen Tirol.
Einer der Hebel, der in den Sozialen Unternehmen im Netzwerk gezielt eingesetzt wird, um dieses Ziel zu erreichen, sind Qualifizierungsmaßnahmen und spezielle Angebote für Mädchen und Frauen. Denn: „Die Einkommensschere lässt sich über Qualifizierung steuern. Weiterbildungsangebote für Frauen bedeuten mehr Wissen, mehr Können und mehr Selbstvertrauen – die idealen Wegbegleiter für einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt!“, berichtet Spangler basierend auf den Erfahrungen der Mitglieder im Netzwerk von arbeit plus Tirol. Weitere Strategien, die in Sozialen Unternehmen bereits erfolgreich umgesetzt werden, sind innovative Arbeitszeitmodelle, die auch Karrierewegen von Frauen entgegenkommen und dem Gender Time Gap entgegenwirken.
Folgende Projekte im Netzwerk von arbeit plus Tirol empowern und stärken insbesondere Frauen auf ihrem Weg (zurück) in den Arbeitsmarkt:
betreibt einen Second Hand- und Sozialmarkt und bietet einen Bügelservice an und verknüpfen somit soziale mit ökologischer Nachhaltigkeit. Arbeitsuchende Frauen werden mit befristeten Arbeitsplätzen im gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt beim Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt unterstützt. carla St. Johann wird vom AMS Tirol und vom Land Tirol gefördert.
ist ein sozialökonomischer Betrieb von Frauen und für Frauen in Lienz in Osttirol. Seit 1997 führt Gwandolina in Zusammenarbeit mit den Gemeinden die Altkleidersammlung in Osttirol durch und verwertet die Textilien im Einzel- und im Großhandel. Im Sozialen Unternehmen werden die individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen gefördert, sie können praktische Erfahrungen durch die Mitarbeit in der Second Hand-Boutique sammeln, erhalten Unterstützung durch begleitende sozialpädagogische Beratung und können sich vielfältig qualifizieren - und so leichter in den Arbeitsmarkt einsteigen! Gwandolina kombiniert soziale Integration mit nachhaltigem Wirtschaften. „Es ist uns ein Anliegen, das Bewusstsein zur Wiederverwendung und Kreislaufwirtschaft zu fördern und zu zeigen, dass Second Hand- Shopping für Groß und Klein und Alt und Jung Spaß macht“, so Geschäftsführerin Rita Feldner. Und das geht nicht nur vor Ort, sondern auch online: das arbeit plus Mitglied ist auch im ökologisch und sozial nachhaltigen online Store WIDADO vertreten! Gwandolina wird vom AMS Tirol und vom Land Tirol gefördert.
Gleich drei arbeitsmarktintegrative Angebote der Volkshilfe Tirol sind es, die sich gezielt an Frauen richten: die Wäscherei Libelle in Innsbruck, Frau Holle in Kufstein und das Betreuungs- und Beratungsangebot MIA in Innsbruck unterstützen gezielt Frauen dabei, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Sowohl die Wäscherei Libelle in Innsbruck als auch Frau Holle in Kufstein sind sozialökonomische Betriebe der gemeinnützigen StartUp Volkshilfe Tirol GmbH. Als oberstes Ziel gilt die Wiedereingliederung von langzeitarbeitsuchenden Frauen in den Arbeitsmarkt. Die Teilnehmerinnen werden im Wäschereibetrieb beschäftigt, qualifiziert und sozialpädagogisch betreut. Dadurch wird der Übergang von der Arbeitslosigkeit in das reguläre Beschäftigungssystem ermöglicht. Das Hauptaugenmerk liegt im Erkennen und der Förderung der individuellen Potenziale der Teilnehmerinnen und der Erweiterung ihrer Jobperspektiven. MIA ist ein AMS-gefördertes Projekt, das Anfang 2025 gestartet hat. Es richtet sich an Frauen mit Migrationshintergrund aus der sogenannten “out of labour force” - d.h. Frauen, die aktuell nicht beim AMS vorgemerkt bzw. nicht vollversichert sind und Interesse daran haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ziel ist es, ihre berufliche Integration zu fördern, ihre soziale Teilhabe zu stärken und die Sprachkompetenz der Teilnehmerinnen zu verbessern. MIA bietet ganzheitliche Unterstützung durch Sozialberatung, Jobcoaching, Workshops, Kennenlernen des Arbeitsmarkts und erste Arbeitserfahrungen. Außerdem gibt es die Möglichkeit zum Austausch und zum Aufbau eines Netzwerks mit anderen Frauen. Die Frauenprojekte werden vom AMS Tirol, Land Tirol und der Stadt Innsbruck gefördert.
„Frauenprojekte, die den Fokus auf die Arbeitsuche legen, sind von entscheidender Bedeutung, um die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu fördern. Sie bieten Frauen, insbesondere aus benachteiligten Gruppen, die nötige Unterstützung, um ihre beruflichen Perspektiven zu erweitern und eine Arbeit zu finden, die sie finanziell unabhängiger macht. Leider scheitert es oft an ausreichender und kostengünstiger Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Diese sind aber der Schlüssel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nur bei ausreichender Betreuung der Kinder können Frauen erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden, was langfristig zu einer gerechteren und gleichberechtigteren Gesellschaft führt,“ so Kerstin Egger, Geschäftsführung Volkshilfe Tirol.
unterstützt Männer und Frauen beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Die Sammelstelle in Innsbruck sowie die Second Hand Läden in Innsbruck, Telfs, Schwaz und Hall beschäftigen allerdings ausschließlich Frauen und bieten dort unter dem Motto „second hand – first class“ eine bunte Warenvielfalt an Bekleidung, Schuhen, Taschen, Büchern, Geschirr, Spielsachen u.v.m. und unterstützt Frauen gezielt dabei, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
„Im WAMS stärken wir Frauen durch Arbeit, Beratung und Qualifizierung. Mit diesen beruflichen und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten tragen wir wirksam zur Gleichstellung und zum Empowerment bei. Wir fördern Zutrauen und berufliche Entwicklung - wir schaffen Verbesserungen in für Frauen relevanten Lebensbereichen – wir zeigen auf, was es braucht, damit ein nachhaltiger Wiedereinstieg in die Arbeitswelt gelingen kann!“ - Jasmine Alge, Sozialpädagogische Beraterin, WAMS.
Neben oben genannten Angeboten gibt es noch eine Reihe an Beratungs- und Fördermöglichkeiten für Frauen, wie zum Beispiel das arbeitsmarktpolitische Frauenprogramm des AMS, das es als seine Verantwortung sieht, Schieflagen auszugleichen und rechtliche Informationen, Förderung, Bildungsangebote und Beratung anbietet. Auch das Land Tirol sieht sich der Gleichstellung verpflichtet und setzt dahingehende Initiativen.
„Gleichstellung am Arbeitsmarkt ist nicht nur eine Frage der Fairness, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Qualifizierung ist dabei ein wichtiger Schlüssel: Sie stärkt Frauen in ihrer Eigenständigkeit, verbessert ihre Einkommenssituation und erhöht ihre Chancen auf eine nachhaltige Karriere. Wir sehen täglich, wie gezielte Bildungsangebote den Zugang zu gut bezahlten, zukunftssicheren Berufen erleichtern – und wie sehr die gesamte Wirtschaft davon profitiert. Neben Frauenförderung, die weit mehr ist als ‚Nice-to-have‘, braucht es endlich mutige Schritte für eine moderne Arbeitswelt, die Frauen nicht länger in traditionelle Muster drängt, sondern echte Wahlfreiheit ermöglicht,“ betont Sabine Platzer-Werlberger, Landesgeschäftsführerin des AMS Tirol.
Um den Weg in Richtung Gleichstellung zügiger voranzuschreiten und somit nicht nur den Bedarfen der Frauen selbst, sondern auch jenen der Wirtschaft, die auf die Arbeitskraft der Frauen angewiesen ist, gerecht zu werden, dürfen wir nicht müde werden, auf die notwendigen Schritte hinzuweisen:
„Wir brauchen weiterhin dringend einen Ausbau der sozialen Infrastruktur, an Lebensphasen orientierte Arbeitszeitmodelle, bessere Entlohnung von systemrelevanten Berufen und eine zukunfts- und frauenorientierte Gestaltung arbeitsmarktpolitischer Instrumente“, betont Spangler.
Fotos (v.l.n.r.): Beratung beim Verein WAMS © WAMS - AMS Landesgeschäftsführerin Sabine Platzer-Werlberger und arbeit plus Tirol Geschäftsführerin Melanie Spangler © AMS; Transitmitarbeiterin beim Verein WAMS © Sabine Thaler-Haubelt; Transitmitarbeiterin bei Gwandolina © Gwandolina.
AK OÖ, 2025: "Equal Pay Day" 2025; https://ooe.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/verteilungsgerechtigkeit/einkommen/WSG_2025_Equal-Pay-Day-2025.pdf
AMS Tirol, 2024: „Gender Pay Gap: Was tun gegen ungleiche Bezahlung von Mann und Frau?“; https://www.ams.at/arbeitsuchende/frauen/gender-pay-gap#welche-massnahmen-werden-gegen-den-gender-pay-gap-gesetzt
AMS Tirol: AMS Frauenprogramm https://www.ams.at/arbeitsuchende/frauen#tirol
Eiopa, 2024: The impact of social and behavioural aspects on the gender pension gap in Europe; https://www.eiopa.europa.eu/impact-social-and-behavioural-aspects-gender-pension-gap-europe-2024-06-26_en
arbeit plus - Soziale Unternehmen Österreich, 2025: Frauen am Erwerbsarbeitsmarkt
ÖGB, 2024: Darum bekommen Frauen weniger Pension; https://www.oegb.at/themen/gleichstellung/geschlechtergerechtigkeit/equal-pension-day--warum-altersarmut-weiblich-ist
Statista, 2022: Gender Pay Gap in Österreich nach Bundesländern; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/958103/umfrage/gender-pay-gap-in-oesterreich-nach-bundeslaendern/
Statistik Austria 2023: Zeitverwendungserhebung 2021/22; https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/zeitverwendung
Symbolbild Grafik © canva Tjut Mario